Katalog 'Anthropometrie des Unendlichen'
eine Auswahl an Installationen,
Objekten und Grafiken
aus der Zeit von 2000 bis 2007,
erschienen 2007/8

Einleitung

Stefan Rosendahls »Anthropometrie des Unendlichen« ist die Darstellung der Einzigartigkeit des menschlichen Körpers. Indem der Künstler seine biometrischen Daten auf Körperschablonen reduziert, kann er Objekte erzeugen, dynamischer und statischer Natur.

Hierbei werden zwar, wie bei den Künstlern der Antike, die anatomischen Kenntnisse des Körpers, in diesem Fall des Künstlers, verarbeitet, jedoch handelt es sich nicht im klassischen Sinne um eine Selbstdarstellung, da auf schmückendes Beiwerk wie die Darstellung seiner Haare, Mimik etc. verzichtet wird.
Dadurch erzielt Stefan Rosendahl oberflächlich eine Anonymisierung, doch die Nutzung seiner
individuellen Daten dieser Körpervermessung weisen darauf hin, dass nur er selbst der Dargestellte sein kann.

»innen wie außen« verwendet das Seitenprofil seines Kopfes, der durch Bewegung eine
»Endlos-Achter-Schleife« nachzeichnet, dadurch können wir das Gesicht des Künstlers ebenso wie seinen Hinterkopf sehen. Die Kopfform löst sich auf, dadurch wird die Dynamik der Bewegung nachvollziehbar, die Körperschablone wird rundansichtig. Der Sockel ist ein gelbes Hexagon, das nur die äußeren Bewegungspunkte seines sitzenden Körpers nachzeichnet und den Körper dadurch im Verborgenen läßt.
Diese Differenz zwischen offener Darstellung von Gesicht und Hinterkopf und der versteckten nur stilisierten Darstellung des Körpers verbindet Distanz und Verletzlichkeit, denn der Künstler offenbart dem Betrachter auf Sitzhöhe seinen nackten ungeschützten Hinterkopf, sein Körper entzieht sich jedoch der Rezeption, nimmt aber den benötigten Platz ein, den er zur Durchführung der Bewegung braucht.

Durch die Rundansichtigkeit von Stefan Rosendahls anthropometrischen Objekten verschmelzen die verschiedenen Ansichtsseiten zu einer Einheit, die sich stetig wiederholt und in sich unendlich ist.
Für den Betrachter ist die einzelne Arbeit nicht mehr mit einem Blick zu erfassen, durch die Komposition wird er drumherum geleitet, ist somit also gezwungen, sich das Werk zu erarbeiten. Die zeitliche Komponente des Umrundens wird plastisch eingefroren, da die verwendete zweidimensionale Körperschablone selbst in Bewegung gezeigt wird. Der Betrachter bekommt, egal wie schnell er die Arbeit umrundet, stets die gleiche Ansicht, so als wäre sein plastisches Gegenüber immer schneller als er. Deutlich wird dieses Prinzip bei dem Objekt »Ring«, den Anfang und das Ende sucht der Rezipient vergebens.

Der biometrische Charakter der Anthropometrie wird bei der Bertillonage* in elf unterschiedliche Körpermerkmale wie z.B. die Spannweite der Arme, die Sitzhöhe, die Kopfhöhe und -breite vorgenommen, um die Einzigartigkeit eines Menschen zu erfassen, all diese Merkmale tauchen in der Arbeit »Umsitz« auf.
Die Figur ist nicht existent, sie wird nur durch die Aussparungen in den dreidimensional angeordneten Holzplatten dargestellt. Auch hier zeigt sich erneut das Spiel von Hingabe des Körperlichen und distanziertem Entzug durch »Nicht-Existenz«. Der Griff des Rezipienten ginge ins Leere, würde er nach dem Dargestellten greifen, doch diese Leere kann nur durch einen Körper ausgefüllt werden, dem von Stefan Rosendahl.

Maria Teresa López López


*Nach Alphonse Bertillon 1879 entwickelt zur Identifikation von Personen